Maria Enger, Mitgründerin von RooWalk, steht vor einer Holzwand, trägt ein langärmliges, helles Oberteil und hat kurze, braune Haare.

Maria Enge

10.09.2025

Maria Enge ist Diplom-Ingenieurin und Mitgründerin von RooWalk, einem Start-up, das eine neuartige, elektrisch angetriebene Gehhilfe für Kinder und Erwachsene mit körperlichen Einschränkungen entwickelt. Die Idee dazu entstand aus der familiären Motivation ihres Mitgründers Benjamin Pardowitz, und wurde zur gemeinsamen Mission. Heute arbeitet Maria Enge am Zukunftsort CleanTech Marzahn an der Weiterentwicklung der patentierten Technologie, mit dem Ziel, mehr Mobilität, Inklusion und Lebensqualität zu ermöglichen.

 

Was reizte Sie als Ingenieurin persönlich an der Entwicklung von RooWalk?
Mich haben gleich mehrere Aspekte gereizt. Einerseits die technische Herausforderung, die erste elektrisch angetriebene, selbstbalancierende Gehhilfe für Kinder zu entwickeln, insbesondere die Steuerung. Andererseits wollte ich den Stand der Technik neu definieren, um Kindern die bestmöglichen Entwicklungschancen zu ermöglichen. Es motiviert mich sehr, etwas zu schaffen, das echten Mehrwert für die Kinder und ihre Familien stiftet und hautnah zu erleben, was Technologie möglich macht.

 

Aus einer persönlichen Motivation entstand eine patentierte, elektrisch angetriebene Gehhilfe. Was waren die wichtigsten Etappen auf dem Weg von der ersten Skizze bis zur heutigen Technologie?
Unser Berliner Startup-Stipendium in Kooperation mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat alles ins Rollen gebracht. Es war unglaublich motivierend, von Ärzt:innen zu hören, dass unsere Idee wirklich einen Mehrwert bieten kann.

Danach haben wir unseren ersten Prototyp entwickelt und zunächst mit Kindern ohne Einschränkungen getestet. Laut den gesetzlichen Regularien dürfen Kinder mit Einschränkungen unsere Gehhilfe erst testen, wenn das Produkt fast fertig ist. Umso größer war die Herausforderung – und die Freude -, dass wir bereits frühzeitig wertvolles Feedback von den Kindern sammeln konnten. Besonders emotional wurde es, als ein Kind, das wir erst kurz zuvor im Rollstuhl kennengelernt hatten, mit unserer Gehhilfe laufen konnte. Das Strahlen des Kindes und die Freudentränen der Mutter haben uns tief bewegt.

In den folgenden Monaten konnten wir weitere Fördermittel sichern und unseren ersten strategischen Investor gewinnen – keine leichte Aufgabe für ein Nischenprodukt, das sowohl Software als auch Hardware in einem stark regulierten medizintechnischen Umfeld vereint. Weitere wichtige Meilensteine waren die Intensivwochen, in denen Kinder regelmäßig mit uns trainierten, und Vergleichsmessungen, in denen wir unsere Gehhilfe mit dem Stand der Technik vergleichen konnten. Das durchweg positive Feedback aus diesen Tests hat uns motiviert, auch die schwierigen Phasen des Unternehmensaufbaus zu meistern.

Foto: Die Gründer von RooWalk: Benjamin Pardowitz und Maria Enge. RooWalk Mobility GmbH

 

RooWalk richtet sich sowohl an Kinder als auch an Erwachsene. Was war bei der Entwicklung besonders herausfordernd?
Wir haben schnell festgestellt, dass Kinder ganz andere Bedürfnisse und Wünsche haben als Erwachsene. Kinder wollen sich auf der Wiese bewegen, Blumen pflücken, im Sand spielen – ihren natürlichen Bewegungsdrang ausleben. Es gibt ein Alter, in dem ihnen das Design der Gehhilfe noch egal ist, irgendwann wird das Aussehen wichtiger. Erwachsene hingegen bewegen sich oft ungern mit einem Rollator im öffentlichen Raum und akzeptieren eher ein Training in einem Rehazentrum.

Auch aus technischer Sicht muss die Gehhilfe an die Größe und das Gewicht der Nutzer:innen angepasst sein, um die notwendige Stabilität zu gewährleisten – bei Kindern ist das zum Teil einfacher als bei Erwachsenen. Außerdem ist der Bedarf an neuartigen Lösungen für Kinder deutlich größer, weshalb wir unseren Fokus zunächst auf Kinder gelegt haben.

Foto: RooWalk Mobility GmbH

 

Wie war der Moment, als klar wurde, dass die Idee tatsächlich funktioniert? Erinnern Sie sich an einen Schlüsselmoment?
Der Schlüsselmoment war definitiv der erste erfolgreiche Test eines Kindes in unserer Gehhilfe. Zu sehen, wie das Kind frei und eigenständig läuft, das Strahlen im Gesicht, die Freudentränen und spontanen Reaktionen wie „cool“, “wie leichtgängig” oder “Game Changer”- das war unglaublich.

 

RooWalk entwickelte sich von einem Garagenprojekt über die Startup Villa der Freien Universität Berlin (Zukunftsort Berlin SÜDWEST) bis hin zu einem erfolgreichen Start-up auf dem Technologiecampus der Berlin.Industrial.Group (Zukunftsort CleanTech Marzahn). Welche konkreten Vorteile und Synergien boten Ihnen diese Orte für die Weiterentwicklung von RooWalk?
In der Startup Villa der Freien Universität Berlin war vor allem der Austausch mit anderen Start-ups wertvoll. Wir konnten die Grundlagen der Unternehmensentwicklung lernen, uns über Förderprogramme informieren und uns erste Netzwerke aufbauen.

Mit zunehmendem Wachstum benötigten wir jedoch einen eigenen Werkstatt- und Entwicklungsort, an dem wir leichter skalieren konnten und zugleich von etablierten Unternehmen lernen konnten. Am Zukunftsort CleanTech Marzahn schätzen wir besonders den Austausch – sowohl bei technischen Herausforderungen als auch bei unternehmerischen Fragestellungen – und profitieren enorm von unserem Mentor Igor Haschke, der uns dabei hilft, für die agile (Hardware-)Produktentwicklung ein selbstorganisiertes Team aufzubauen, das von gemeinsamen Werten getragen wird.

 

Welche Vision verfolgen Sie langfristig mit RooWalk? Wo sehen Sie Ihr Produkt in fünf bis zehn Jahren, und was möchten Sie gesellschaftlich bewegen?
Unsere Vision ist es, so vielen Kindern wie möglich unsere Gehhilfe zugänglich zu machen und ihnen dadurch mehr Bewegungsfreude und eine aktivere Teilhabe am Leben zu ermöglichen. Dafür sind nicht nur die CE-Zertifizierung, sondern auch die Kostenübernahme durch die Krankenkassen entscheidend.

Langfristig möchten wir die Gehhilfe auch international verfügbar machen und stehen bereits in Kontakt mit potenziellen Vertriebspartnern. Für uns ist es wichtig, einen Beitrag zu leisten, dass Kinder weniger sitzen, die Welt eigenständig erkunden und auch auf der Wiese spielen und mit anderen Kindern toben können. Unser Ziel ist es, mehr Lebensqualität und Inklusion durch Bewegung zu schaffen.

 

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