Dr. Stefan Höffken

03.06.2025

Dr.-Ing. Stefan Höffken ist Stadtplaner mit dem Schwerpunkt Smart Cities, Digitalisierung und Partizipation. Bei der Tegel Projekt GmbH am Zukunftsort Berlin TXL – Urban Tech Republic leitet er das Team Smart City/FUTR HUB und ist verantwortlich für den Aufbau und die Entwicklung des FUTR HUB auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel. Der FUTR HUB verfolgt das Ziel, die digitale Transformation von Städten aktiv mitzugestalten und Berlin TXL zu einer Smart City zu machen.

 

Herr Dr. Höffken, was genau versteht man unter dem FUTR HUB – und welche Rolle spielt er bei der Entwicklung der Urban Tech Republic auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel?

Der FUTR HUB ist das Kompetenzzentrum für Urbane Daten und Smart Cities. Wir sind für das Urbane Datenmanagement verantwortlich – d.h. die Produktion, Verarbeitung, Analyse und Bereitstellung von Daten aus unterschiedlichen Disziplinen im Kontext der Quartiers-, bzw. Stadtentwicklung. Eine wichtige Rolle ist dabei die Bereitstellung aktueller Daten an unsere Kollegen und Dienstleister: ob Planungsdaten und Luftbilder im Geoportal, Wetterdaten sowie der Grundwasserpegel in Dashboards oder das 3D-Modell via App. Zudem unterstützen wir die Kommunikation mit der (Fach-)Öffentlichkeit, indem unsere Daten im Berlin TXL Infocenter direkt einsehbar sind. Und natürlich nehmen wir die Rolle ein, dass wir die Daten an die Stadt – z.B. als Open-Data oder das Geoportal – und Projektpartner übermitteln, damit die mit diesen Daten arbeiten können. Darüber hinaus arbeiten wir an Urbanen Digitalen Zwillingen, also an digitalen Systemen zu Repräsentanz, Simulation und Beeinflussung unserer geplanten und gebauten Umwelt. Hier sind wir mit einer Arbeitsgemeinschaft auch auf dem Weg hin zu einem Digitalen Zwilling für unser smartes Regenwassermanagement. Und langfristig soll auf Basis der Dateninfrastruktur des FUTR HUB die Funktion eines Datenmarktplatzes entstehen – auf dessen Basis die Ansiedler auf für sie relevante Daten zugreifen können.

 

Die Urban Tech Republic gilt als potenzielles Vorzeigeprojekt für Smart City-Entwicklung. Was unterscheidet aus Ihrer Sicht die Smart-City-Strategie am Standort Tegel von anderen vergleichbaren Projekten – in Deutschland und international?

Berlin TXL hat den Auftrag als Innovationsort und Reallabor zu agieren, in welchem Services und Lösungen entwickelt werden, die vorbildhaft sind und anderswo nachgenutzt werden. Diesen Anspruch haben wir beispielsweise bei unserer Datenplattform umgesetzt: Wir haben konsequent Open Source entwickelt und für Nachnutzer verfügbar gemacht. Dies hat sich bewährt und so gibt es nun zwei darauf basierende Communities mit der Urban Data Space Plattform (UDSP) und dem Civitas Core und mehrere Städte, die diese Plattform nachnutzen. Wie beispielswiese die Urbane Datenplattformen für Etteln, die damit einen Preis als Smart City gewonnen haben – oder in Bonn. Das Land Berlin nutzt unsere Plattform für das Wärme-Kataster und ebenso für den Prototyp des Datahub Berlin nach. Das zeigt, dass wir hier relevante Lösungen entwickeln.

Eine weitere Besonderheit ist natürlich die Größe und die Abgeschlossenheit in einem urbanen Gebiet. Wir bieten große Experimentierflächen an, die bereits von einem breiten Akteursnetzwerk genutzt werden. Das sind unsere Residents mit bspw. Schwerlast-Drohnentechnologie oder weitere Akteure aus den Bereichen Energie oder Mobilität. Auf diese Weise werden hier neue Dinge erprobt und entwickelt, wie das luftbildgestütztes Pflanzenmonitoring mit Grün Berlin, das uns flächendeckende Erkenntnisse über den Pflanzenbestand auf dem Areal erlaubt.

Als innovatives Großprojekt sind wir auch International interessant: Wir begrüßen regelmäßig internationale Delegationen bei uns und stehen im engen Austausch mit der internationalen Fachöffentlichkeit und Politik. Ein Kooperations-Projekt ist bspw. die Kooperation mit Mitsubishi, bei der wir zum Thema Smart Building zusammenarbeiten. Ebenso vernetzen wir uns über Ländergrenzen hinweg mit Start-ups.

 

Der FUTR HUB gilt als digitaler Maschinenraum der Urban Tech Republic. Wie gelingt es, aus Daten konkrete Mehrwerte für die Stadt und ihre Bewohner:innen zu schaffen?

Im FUTR HUB laufen perspektivisch die digitalen Fäden der Urban Tech Republic zusammen. Auch wenn aktuell noch keine Bewohner:innen vor Ort leben, schaffen wir schon heute die Basis für smarte, nachhaltige Stadtentwicklung. Daten helfen uns zum Beispiel dabei, die komplexen Prozesse transparent zu machen – etwa durch ein 3D-Stadtmodell oder das Geoportal, das öffentlich zugänglich ist (langfristig wird es mit mehr öffentlich einsehbaren Daten versorgt werden). Auch im InfoCenter wird mittels Daten und digitalen Tools gezeigt, wie Stadt in TXL neu gedacht – und gemacht – wird.

Ein wichtiges Thema ist der Betrieb: Wir arbeiten an einem digitalen Zwilling für das smarte Regenwassermanagement und konzeptionieren ein hybrides Smart Grid, für eine bessere Energieanalyse und Verteilung im Quartier. Gemeinsam mit Partnern wie Grün Berlin setzen wir auf Sensorik – zum Beispiel zur Messung der Bodenfeuchte oder zur Artenbestimmung.

In einem eigenen Kooperationsformat entwickeln wir mit Verwaltung, Wissenschaft und Start-ups wiederverwendbare Smart-City-Lösungen – praxisnah und offen. Und im Forschungsprojekt ACCORD nutzen wir Datenstandards, wie z.B. XPlanung, um Verwaltungsdigitalisierung zu unterstützen.

Der FUTR HUB ist damit mehr als Technik und Daten: Er schafft Raum für Innovation im Alltag der Stadt.

 

Im FUTR HUB arbeiten verschiedenste Akteur:innen im Rahmen der Entwicklungspartnerschaft zusammen. Welche konkreten Beispiele für erfolgreiche Co-Creation-Projekte können Sie bereits nennen – und was waren dabei aus Ihrer Sicht die größten Learnings?

Ein starkes Beispiel ist das Projekt Smart Nature. Gemeinsam mit Grün Berlin und weiteren Partnern nutzen wir Drohnen und KI-basierte Analysen, um Vegetation auf dem Areal zu erfassen – vor allem Ziel- und Störpflanzenarten in der entstehenden Tegeler Stadtheide. So lassen sich Biodiversität besser verstehen und gezielt fördern. Das spart Ressourcen und schafft echten Mehrwert für die nachhaltige Freiraumplanung.

Ein zweites Projekt ist die Zusammenarbeit mit der Berliner Feuerwehr. Hier entwickeln wir auf Basis von Sensordaten ein intelligentes Sicherheitsmanagement: Gebäudedaten in Echtzeit helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und Einsätze effizienter zu planen – ein Modell, das langfristig auch auf andere Stadtteile übertragbar ist.

Persönliche Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit sind vor allem die Notwendigkeit von klarer und präziser Kommunikation, aktivem Zuhören und der Fähigkeit, unterschiedliche Standpunkte zu verstehen, um Herausforderungen & Lösungsansätze bestmöglich zu begreifen und beschreiben zu können. Diese Beschreibung (bspw. in Form von Use Case Steckbriefen) ist wichtig für das gemeinsame Verständnis aller Kooperationspartner hinsichtlich der Ziele und Mehrwerte der Kooperation sowie ihrer Rolle und Verantwortung im Rahmen dieser Zusammenarbeit.

 

Blicken wir in die ferne Zukunft – wie erleben Bürger:innen und Unternehmen den FUTR HUB im Alltag – was wird für sie selbstverständlich sein, was heute noch visionär erscheint?

Am schönsten wäre es, wenn sie den FUTR HUB im Alltag gar nicht erleben – all die Daten und Services sollten sich so normal anfühlen, dass es Teil des Alltags ist.

Ziel ist eine breite und nahtlose Datennutzung – für Anwendungen, Apps, Services. Dienste und Analysen, die im Hintergrund laufen und das Leben angenehmer/besser machen: durch Bereitstellung von Informationen aus dem Quartier an Mobilitätsanbieter, für Informationsportale oder umfangreiches Monitoring der Naturraumes, so dass Grün Berlin auf dem Klimawandel bestens reagieren kann.

Für Start-Ups, Unternehmen und Forschungsinstitutionen planen wir – in Ergänzung zu Open Data – einen Datenmarktplatz, so dass diese mit den vielfältigen Urbanen Daten im Quartier arbeiten und Erkenntnisse, Innovationen und Geschäftsmodelle entwickeln können. Natürlich geschützt, mit Rechte- und Rollenkonzept sowie klaren Nutzungsregel versehen – das sind die Herausforderungen, mit denen wir uns beschäftigen. Und da ist noch ein Weg zu gehen.

Und natürlich sehen wir die Potentiale durch die Nutzung von KI – für Prozessverbesserungen, Datenanalysen und Automatisierung. Hier werden wir mit unserem Netzwerk auch weitere Projekte angehen.

 

Weitere Informationen:

 

Fotocredit: © Tegel Projekt GmbH / Gerhard Kassner