Ingmar Schuster (Exazyme)

Ingmar Schuster

24.10.2022

Ingmar Schuster ist Wissenschaftler, Mitgründer und CEO von Exazyme. Das Startup mit Sitz in der Startup Villa der Freien Universität Berlin am Zukunftsort Südwest hat sich zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung von nachhaltigen chemischen Prozessen und Medikamenten effizienter zu gestalten. Wie? Indem man mit Künstlicher Intelligenz die Entwicklung neuer Proteine beschleunigt. Wir konnten ihm fünf Fragen dazu stellen.

Wie kommt man auf die Idee „Baupläne“ für neue Proteine zu entwickeln?

Mit meinem Mitgründer Philipp Markert kamen wir ins Gespräch mit der Forschungsgruppe von Thomas Happe an der Uni Bochum. In Bochum werden Enzyme entwickelt, das heißt Proteine, die chemische Reaktionen katalysieren. Ich hatte Chemie und Biologie im Gymnasium abgewählt, also musste ich zunächst nachfragen, wie Proteine aufgebaut sind. Dann wurde ziemlich schnell klar, dass man die Proteinentwicklung durch Verwendung von Methoden der künstlichen Intelligenz stark beschleunigen kann.

Wann wurde aus dieser Idee eine „Geschäftsidee“ und schlussendlich Exazyme?

Das Gespräch mit Thomas Happe kam im Rahmen unserer Suche nach einer Gründungsidee zustande. Es war also von Anfang an eine Geschäftsidee. Dabei war uns wichtig, dass wir etwas machen, was Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg hat, was uns interessiert und wo die KI-Expertise einen entscheidenden Vorteil bieten würde. Irgendwann kam noch der Aspekt dazu, dass wir etwas machen wollten, das die Gesellschaft insgesamt voranbringen kann. Das alles sahen wir mit der Idee erfüllt. So sind Enzyme entscheidend für die Umstellung der chemischen Produktion auf nachhaltige Prozesse. Und Proteine insgesamt spielen in der Medikamentenentwicklung eine zentrale Rolle.

Etliche Branchen bauen auf chemische Reaktionen bzw. die Nutzung von Enzymen. In welchen Bereichen könnte Exazyme in puncto Nachhaltigkeit und Effizienz den größten Impact haben und warum?

Es gibt mehrere äußerst interessante Ideen und Startups, um aus CO2 wieder Rohstoffe für die Chemische Industrie zu machen. Da wären zum Beispiel C1 Chemicals aus Berlin, die aus CO2 Methanol herstellen, oder SecondCircle aus Dänemark, die einen ähnlichen Ansatz auf Basis von Enzymen verfolgen. Besonders in bei solchen Ansätzen kann unsere Technologie natürlich die Produktentwicklung beschleunigen.

Aber auch Ansätze, die CO2-Aufnahme von Nutzpflanzen zu beschleunigen und biologisches Plastikrecycling basieren auf Enzymen. Es gibt also viele wirklich spannende Möglichkeiten. Das macht die Arbeitsbelastung als Gründer locker wett.

Wissenschaft in Deutschland geht auf eine lange Tradition zurück. Trotzdem gründen deutsche Wissenschaftler/innen selten ein Unternehmen. Wieso und was muss passieren, dass es sich ändert?

Da wäre zum einen die Vorsicht der Investoren. Man versucht in Europa, das durch Förderprogramme auszugleichen. In Kombination mit der mangelnden Digitalisierung ist der damit einhergehende Verwaltungsaufwand aber oft ein Bremsklotz.

Was bedeutet es für Sie, als Wissenschaftler und CEO von Exazyme GmbH an der FU Berlin und dem Zukunftsort Südwest tätig zu sein?

Der Zugang zu hochqualifizierten Mitarbeiter/innen ist super. Was die Professor/innen angeht: die sind in Deutschland viel zu oft überqualifizierte Verwaltungsbeamte, weil die Politik die Wichtigkeit von brillanter Forschung offenbar nicht versteht. Die Professor/innen haben deshalb kaum noch Zeit für Forschung und Entwicklung.

Weitere Links:
Zukunftsorte Berlin SÜDWEST
Exazyme
Freie Universität Berlin